Die Bibliothek von Edinburgh
„Die Bibliothek von Edinburgh“
von T.L. Huchu , Penhaligon Verlag
„Ein Geistersprecher, der über einen Friedhof geht, entspricht ungefähr einer nackten Stripperin, die durch ein Fußballstadion läuft.“
Inhalt/Klappentext:
Ropa hat die Schule abgebrochen, um Geistersprecherin zu werden – und nun spricht sie mit den Toten von Edinburgh und überbringt den Lebenden deren Botschaften. Ein scheinbar harmloser Job, um sich, ihre kleine Schwester und ihre Großmutter über Wasser zu halten. Doch Ropas Leben ändert sich schlagartig, als die Toten ihr zuflüstern, dass jemand Kinder verzaubert und sie zu leeren Hüllen macht. Auf einmal findet sich Ropa mitten in einem Spiel mit dem Tod wieder, in dem sie mit ihrem blitzgescheitem Verstand, ihrer geheimnisvollen afrikanisch-schottischen Magie und mit ihrer unnachahmlichen rotzigen Art nach Hinweisen sucht, um die verhexten Kinder zu retten. Als sie dabei auf eine okkulte Bibliothek stößt, ist sie sich plötzlich nicht mehr sicher, ob sie Jägerin oder Beute ist …
„Die Bibliothek von Edinburgh“ – Eigene Meinung:
Dieser magische Auftakt ist der erste Band der „Edinburgh Nights“ Dilogie und zeitgleich das Debüt des schottischen Autors. Schon nächsten Monat erscheint mit „Das Hospital von Edinburgh“ der finale Abschluss dieser Reihe.
Der Titel, sowie auch der Klappentext haben mich ursprünglich vermuten lassen, dass es mich zeitlich gesehen in die Vergangenheit oder Gegenwart verschlägt. Mit all den nostalgischen kleinen Gassen und romantischen Orten, die Edinburgh in Hülle und Fülle zu bieten hat. Erst vor kurzem habe ich diese historische schottische Stadt selbst besuchen können und war auf einen kleinen literarischen Kurzurlaub eingestellt.
Dass es mich jedoch in ein dystopisches und „geschundenes“ Edinburgh verschlägt, hätte ich nicht annähernd erwartet. Der Autor legt Häppchenweise die Umstände des Verfalls der Stadt, einen vergangenen Krieg und den teilweise damit verbundenen Zusammenbruch einer gesellschaftlichen Zivilisation, wie wir sie kennen, frei. Die, die es sich leisten konnten, sind aus der Stadt abgewandert oder verbarrikadieren sich in separaten Vierteln. Es existieren so gut wie keine Autos oder geregelte Infrastruktur und die Stadt wird von Kriminalität und Gewalt regiert.
Unsere Protagonistin „Ropa“, die unter ärmlichen Bedingungen zusammen mit ihrer Großmutter und einer jüngeren Schwester einen alten Wohnwagen eines der zahlreichen Slums bewohnt, verdient ihren Lebensunterhalt mit Geisteraustreibungen und als Medium. Der Autor hat sie mit einem ziemlich scharfen Mundwerk ausgestattet, das man durchaus als Gossensprache bezeichnen kann. Muss man mögen…allerdings und im besonderen Hinblick, auch auf die herrschenden gesellschaftlichen Gepflogenheiten, sehr passend und authentisch.
Im Laufe der Geschichte stolpert Ropa im Zuge eines „Kunden“-Auftrags von einer Katastrophe in die nächste und zieht damit ungeahnte böse Mächte auf sich. Ich fand das richtig spannend und konnte das Buch kaum aus der Hand legen. Zwischen Grusel und Action, mit wilden Verfolgungsjagden und dunklen Dämonen, gibt es nur wenige Verschnaufpausen.
Die Bibliothek und was es damit auf sich hat tritt in dieser Geschichte noch ein wenig in den Hintergrund und ich erhoffe, im nächsten Buch noch mehr davon zu erfahren.
Ropa ist bei ihrem geisterhaften Auftrag jedoch höheren bösartigen Mächten auf die Schliche gekommen, die alles augenscheinlich mit der magischen Gesellschaft der Bibliothek in Verbindung bringt.
Ich mochte diesen Auftakt, der die Magie ein wenig aus wissenschaftlicher Sicht beleuchtet und nicht die Dinge als einfach gegeben hinnimmt. Dabei hat sich der Autor ziemlich Mühe gemacht, denn es wirkt zu keinem Zeitpunkt zu trocken…auch wenn man manchmal denkt, man hätte in Physik und Chemie in der Schule besser aufpassen sollen.
Fazit:
Eine unerwartete, rasante und magische Dystopie, die mich wahnsinnig gespannt auf deren Fortsetzung macht. Noch kann ich mir schwer vorstellen, wie T.L. Huchu alle unbeantworteten Fragen in ein einziges abschließendes Buch packen will.
Eure Nora